(M)ein Resümee und Dank

von Anne Scheschonk

zur Aktion Lichtpunkt 2014

Nein, ich habe kein Kind verloren. Ich sage es gleich vorweg, denn vielen Menschen, denen ich über meine Arbeit bei der Aktion Lichtpunkt berichte, stellt sich diese Frage. Woher sollte sonst meine Motivation kommen, daran mitzuarbeiten? Sie stellen MIR aber diese Frage nicht, weil sie befürchten, ich könne mit 'Ja' antworten. Was wäre dann? Wie verhält man sich? Was muss, kann oder darf man dann sagen? Also reden wir lieber von etwas Anderem, das nichts mit Tod und schon gar nicht mit dem Tod von Kindern zu tun hat. Kommt Ihnen das bekannt vor? 

Interviewvorbereitungen
Interviewvorbereitungen

Ja, es ist meine größte Angst, mein Kind zu verlieren. Ich habe einen mittlerweile sechsjährigen Sohn. Schon während der ersten Schwangerschaftswochen reifte in mir eine andere Gefühlswelt heran, die ich vorher nicht kannte. Eine Welt voll reinster Glückseligkeit über das heranwachsende Leben, voll purer Liebe für ein ungeborenes Kind, voll Demut darüber, diese Erfahrung machen zu dürfen. Aber auch Emotionen wie Sorge und Angst bekamen plötzlich eine neue Qualität. Was, wenn er unheilbar krank werden würde? Was, wenn er einmal nicht von der Schule nach Hause kommen würde? 

 

Mein Sohn ist gesund und munter, doch für viele von Ihnen, liebe Aktion Lichtpunkt-Vertraute, wurden diese albtraumhaften Vorstellungen Realität. Ihnen gehört mein tief empfundenes Mitgefühl und Sie sind meine Motivation, an einer Aktion wie dieser mitzuwirken. Wenn ich dabei mithelfen kann, dieses Band oder besser dieses Netz aus Lichtpunkten zwischen Ihnen allen mit zu spinnen, das signalisiert Ihr seid nicht allein! Eure Trauer wird gesehen und gehört und darf zwischen uns stattfinden!, dann will ich das tun. Denn ich habe sie gelesen, die Erfahrungsberichte, und aus Ihren Kommentaren dazu gelernt, wie wichtig Ihnen Zusammenhalt und Unterstützung sind. Und dass verwaiste Eltern, trauernde Geschwister und Großeltern Zeit und Raum brauchen, um Ihre Gefühle zu bündeln, um über sie zu sprechen oder auch schweigen zu können, aber vor allem, dass Sie eines nicht wollen: dass Ihr Kind „einfach“ vergessen oder verschwiegen wird. 

Anne Scheschonk mit ihrem Lichtpunkt
Anne Scheschonk mit ihrem Lichtpunkt

Vielen Menschen in Ihrem Umfeld ist das (noch) nicht bewusst. Sie sind zwar auch betroffen vom Tod Ihres Kindes, haben aber gleichzeitig Angst davor, durch falsche Gesten und Worte Ihr Leid zu verstärken. Wenn wir alle hier vermitteln können, durch das Tragen eines kleinen Lichtpunktes, und so Öffentlichkeit schaffen für die Problematiken verwaister Eltern und die Gesellschaft ein kleines Stück weiter für diese sensibilisieren können, dann haben wir schon viel erreicht. 


Auch wenn die von uns veröffentlichten Berichte unendlich traurig und nur schwer zu ertragen sind: Jede offen geteilte Erfahrung, jede Geschichte über ein geliebtes Kind, das gegangen ist, hat Anderen unter Ihnen wiederum Trost und Zuversicht gespendet. In jedem einzelnen Beitrag stecken so viele wertvolle Hinweise und Gedanken für betroffene Eltern, aber auch für indirekt betroffene Personen und nicht zuletzt Menschen, die sich professionell mit Tod und Trauer auseinandersetzen oder sich plötzlich damit konfrontiert sehen. Wir möchten jeden Einzelnen ermutigen, sie zu lesen.

Dass Sie Ihre persönlichen Geschichten mit uns geteilt haben, dafür danken wir, die Aktion Lichtpunkt und alle Leser und Leserinnen Ihrer Berichte, Ihnen von Herzen: Martina Hosse-Dolega, Britta Walper, Ira & Stefan Bieder, Antje Beyer, Kerstin Krauße, Nadja Salzberg, Katja H., Astrid Burkhardt und einer Mutter, die gern anonym ihre Erfahrungen teilen wollte. Von Ihnen habe ich, haben wir so Vieles lernen dürfen! 

Lassen Sie uns dort anknüpfen und gemeinsam noch mehr Licht und Klarheit darüber schaffen, was es braucht, um ein Kind zu verabschieden, Mütter und Väter zu stärken, Familien zusammen zu halten, selbstbestimmt und respektiert zu trauern und zu gedenken.

Ich wünsche Ihnen allen ein gesundes und inspiriertes Jahr 2015, auf dass es ein ganz Besonderes für Sie wird!


Anne Scheschonk


* * *

Anne Scheschonk (Jahrgang 1977) ist seit 2012 bei der Aktion Lichtpunkt.

Sie hat Medienwissenschaften und Ethnologie studiert und arbeitet als Freie Autorin und Filmemacherin. Und eigentlich wollte sie "nur" einen Beitrag über die Aktion Lichtpunkt verfassen. Daraus entwickelte sich eine tolle Zusammenarbeit. Anfangs waren es vor allem die Videoclips für die Aktion. Mittlerweile arbeitet sie auch in der Redaktion. Sie verfasst und redigiert Texte, führt Interviews, unterstützt die Pressearbeit und ist kaum noch weg zu denken... www.annescheschonk.com

 

Und sie trägt ihren Lichtpunkt für Daniel, einen Freund.

 

VIELEN DANK - LIEBE ANNE, für all' Dein Engagement!

Redaktionsplanung, Aktion Lichtpunkt 2014
Redaktionsplanung, Aktion Lichtpunkt 2014

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Kommentare: 5
  • #1

    Petra Hohn (Mittwoch, 31 Dezember 2014 14:15)

    Danke liebe Anne

  • #2

    marlen Andresen (Mittwoch, 31 Dezember 2014 20:21)

    Das ist eine sehr gute Sache, über die ich von Petra Hohn Infos erhalte. Unser Stefan ist seit Mai 1998 tot und ich muss mich immer wieder mit seinem Da-/Wegsein konfrontieren. Neulich im Michel habe ich von Anfang bis Ende den großen Schmerz wieder empfunden. Andere sagen, musst Du Dir das antun? Das Leben bringt uns doch viele schöne Dinge, geh doch lieber darauf ein. Das tue ich auch, aber ich brauche immer wieder Momente wo ich den Schmerz spüre. Macht weiter so und helft den Menschen die das Schlimmste erlebt haben was ein Mensch erleben kann. Ich wünsche allen, die das lesen einen guten Rutsch und ein " zufriedenes" neues Jahr. Eure Marlen Andresen

  • #3

    Karina Mccay (Mittwoch, 01 Februar 2017 15:06)


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  • #4

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  • #5

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